Panelreihe „Türkiye – Name des Sieges“

Der erste Teil der Panelreihe „Türkiye – Name des Sieges“, die vom Präsidium für Kommunikation im Rahmen der Veranstaltungen zum 15. Juli, Tag der Demokratie und der nationalen Einheit, organisiert wurde, fand in der österreichischen Hauptstadt Wien statt.
Bei der Veranstaltung, die die Aufmerksamkeit zahlreicher Akademiker, Journalisten, Politiker und Diplomaten auf sich zog, ging es um den gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichteten Putschversuch der Fetullah Gülen Terrororganisation (FETÖ) in der Nacht des 15. Juli 2016 und den Widerstand der türkischen Nation.
Beim ersten Teil dieser Panelreihe hielt Gürsel Dönmez, türkischer Botschafter in Wien, die Eröffnungsrede. Danach wurde das thematische Video vom 15. Juli „Aus Liebe zur Türkiye“ vorgeführt. An dem Panel unter der Moderation des Prof. Dr. Mustafa Kibaroğlu, Gesandter der Ständigen Vertretung der Republik Türkiye bei den Vereinten Nationen (UN) in Wien und Fakultätsmitglied der MEF-Universität, nahmen Doz. Dr. Burak Güneş, Fakultätsmitglied der Kırşehir Ahi Evran Universität, ehemaliger Diplomat Dr. Klaus Wölfer, Prof. Dr. Thomas Bauer, Präsident der Europäischen Gesellschaft für Bildung und Kommunikation (ESEC), sowie ehemaliger Diplomat Dr. Harvey Dzodin als Redner teil.
Gürsel Dönmez, türkischer Botschafter in Wien, der die Eröffnungsrede hielt, begrüßte die Gäste im Saal und betonte, dass der Angriff auf Demokratie und nationale Einheit in der Nacht des 15. Juli durch den beispiellosen Widerstand und Willen des türkischen Volkes überwunden worden sei. Botschafter Dönmez erklärte, die edle türkische Nation besitze einen starken Willen zu Einheit und Solidarität, und schloss mit der Bemerkung, er empfinde die Ehre und den Stolz, Mitglied dieser Nation zu sein.
Prof. Dr. Mustafa Kibaroğlu, der das Panel moderierte, begann seine Rede mit einer Fürsprache um Gottes Gnade für alle Märtyrer, die beim FETÖ-Putschversuch am 15. Juli 2016 ihr Leben verloren, und dankte den Veteranen. Kibaroğlu beschrieb den Putschversuch weniger als eine nationale Krise, sondern vielmehr als ein Phänomen, das die Welt mit der Fragilität demokratischer Systeme, der Macht des zivilen Widerstands und der zunehmenden Komplexität nichtstaatlicher Bedrohungen in einer vernetzten Welt konfrontiert. Anschließend stellte Kibaroğlu die Panelteilnehmer kurz vor und übergab das Wort an Harvey Dzodin.
Harvey Dzodin, der die Podiumsdiskussion eröffnete, erklärte, der Putschversuch vom 15. Juli 2016 sei ihm tief in Erinnerung geblieben. Dzodin erinnerte daran, dass die Türkiye in der Vergangenheit zahlreiche militärische Interventionen erlebt habe, und betonte, dass der Putschversuch von 2016 im digitalen Zeitalter stattgefunden habe, einem Umfeld, das durch ein hohes Maß an sozialen Medien und Bürgerbeteiligung gekennzeichnet sei.
Dzodin erklärte, die Putschisten hätten, einem klassischen Szenario des 20. Jahrhunderts folgend, versucht, die Kontrolle über traditionelle Medienplattformen zu übernehmen, es aber nicht geschafft, Türksat, private Sender und Mobilfunkanbieter zum Schweigen zu bringen. „Die neuen Medien haben die Lügen der Putschisten entlarvt“ sagte Dzodin, und brachte zum Ausdruck, die von der Öffentlichkeit miterlebte Gewalt habe das Friedensnarrativ der FETÖ untergraben.
Dzodin teilte mit, der entscheidende Moment in dieser Nacht sei der Videoanruf von Präsident Erdoğan an CNN Türk gewesen, in dem er die Bevölkerung auf die Straße rief. Dieser Aufruf habe nicht nur symbolischen, sondern auch praktischen Widerstand ausgelöst, und die Bevölkerung habe den Putsch auf der Straße gestoppt, sagte Dzodin und setzte fort: „In diesem Moment war Erdoğan nicht nur der Anführer der Armee, sondern des gesamten türkischen Volkes”
Dzodin hob in seiner Rede auch die heutigen technologischen Bedrohungen hervor und erklärte, dass durch künstliche Intelligenz gesteuerte Desinformation Wahlen und die öffentliche Meinung manipulieren könne. Am Beispiel einer Wahl in der Slowakei erläuterte Dzodin, wie Deepfake-Inhalte die Ergebnisse verändern könnten. Er argumentierte, dass solche Inhalte in Echtzeit erkannt und der Öffentlichkeit gemeldet werden sollten.
Dzodin erklärte, dass Medienkompetenz ein Teil der Bildung sein sollte, und betonte die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Sektoren und der Zivilgesellschaft im Kampf gegen Desinformation. „Hätte es die heutigen Technologien im Jahr 2016 schon gegeben, hätte der Putschversuch nicht nur auf der Straße stattgefunden, sondern in einer digitalen Umgebung, in der Realität, Vertrauen und Legitimität mit Hilfe von Codes künstlicher Intelligenz zerstört und aufgebaut werden können“, sagte Dzodin und betonte die Notwendigkeit ständiger Aufmerksamkeit, Zusammenarbeit und strategischer Investitionen zur Verteidigung des öffentlichen Raums.
Im weiteren Verlauf des Panels berichtete Dr. Klaus Wölfer über seine Aussagen und Einschätzungen zum verräterischen Putschversuch in der Türkiye am 15. Juli 2016. Wölfer erklärte, er habe den Putschversuch im Herzen Ankaras, wo er als österreichischer Botschafter tätig war, persönlich miterlebt und betonte die Lehren, die daraus für die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und der Türkiye gezogen werden können.
Botschafter Wölfer erklärte, er habe sich während des Putschversuchs mit seiner Familie in der offiziellen Residenz der österreichischen Botschaft im Herzen Ankaras aufgehalten und berichtete Einzelheiten über die Putschnacht.
Wölfer schilderte die Ereignisse gegen 21:00 Uhr in der Putschnacht und erklärte, seine 14-jährige Tochter habe vor Angst zu weinen begonnen, als Militärflugzeuge im Tiefflug über Ankara flogen. Botschafter Wölfer versuchte, seine Tochter zu trösten, indem er ihr sagte, die türkische Luftwaffe führe eine Übung zur Vorsicht gegen mögliche Bedrohungen durch. Als sie jedoch den Fernseher einschalteten, sahen sie, dass wichtige Brücken in Istanbul von Armeeeinheiten gesperrt worden waren und dass sowohl in der Hauptstadt als auch in Istanbul ein Militärputschversuch begonnen hatte, so Wölfer.
Botschafter Wölfer erklärte, dass er 30 Stunden nach Beginn des Putschversuchs an der außerordentlichen Sitzung der Großen Nationalversammlung der Türkiye teilgenommen habe und betonte, dass der Putsch bereits 12 Stunden nach seinem Beginn vollständig niedergeschlagen worden sei. Wölfer hob hervor, dass seine persönliche Erfahrung die Relevanz und den Ernst eines Militärputschversuchs innerhalb Europas, insbesondere im Kontext des 21. Jahrhunderts, eindrücklich vor Augen geführt habe. Er betonte, dass aus diesem Ereignis wichtige Lehren für die Weiterentwicklung der Beziehungen zwischen der EU und der Türkiye gezogen werden müssten.
Im Rahmen seines Vortrags analysierte Prof. Dr. Thomas Bauer die Transformation der öffentlichen Kommunikation durch die Digitalisierung und erörterte die Spannungsfelder zwischen Medien und Demokratie innerhalb eines theoretischen Rahmens. Dabei präsentierte er eine umfassende Bewertung der strukturellen Veränderungen in der zeitgenössischen Medienlandschaft sowie deren Auswirkungen auf demokratische Gesellschaften.
Bauer betonte, dass die Beziehung moderner Gesellschaften zu den Medien nicht auf rein technische oder kommunikationsbezogene Aspekte reduziert werden könne. Er argumentierte die Auffassung, dass Medien längst über ihre Funktion als bloße Informationsvermittler hinausgewachsen seien und sich zu einem Raum entwickelt hätten, in dem Individuen ihre Identitäten, sozialen Rollen und persönlichen Zielsetzungen verwirklichen. Mit der Aussage ‚Die Medien sind ein Umfeld, in dem wir leben und uns selbst verwirklichen‘ fasste Bauer diesen Wandel zusammen und wies darauf hin, dass die Auswirkungen des medialen Umfelds auf die demokratische Funktionsweise in ihrer Vielschichtigkeit betrachtet werden müssen.
Bauer unterstrich, dass sich die traditionellen Strukturen des Journalismus in einer Ära, in der die Medien die Konzepte von Vertrauen, Macht und Verantwortung neu definieren, einem tiefgreifenden Wandel unterziehen. Darüber hinaus thematisierte er aktuelle und kritische Aspekte wie Medienvertrauen, die Verantwortung von Nachrichtenquellen in Krisenzeiten sowie die Medienkompetenz der Bürger und wies auf die damit verbundenen Risiken und Verantwortlichkeiten hin.
Bauer stellte fest, dass Medienkompetenz in einer demokratischen Gesellschaft nicht nur darin bestehe, technologische Instrumente zu kennen, sondern dass diese Kompetenz auch das Verständnis der Mediensprache, der Medienkultur und der Mediengewohnheiten umfassen müsse. Bauer betonte, dass die Etablierung eines gesunden „Gleichgewichts von Geben und Nehmen“ in der Beziehung zu den Medien für die Stärkung der demokratischen Kultur unerlässlich sei. Abschließend unterstrich er die Bedeutung, künftigen Generationen ein effektives und funktionales Mediensystem zu hinterlassen.
Der letzte Redner des Panels, Dozent Dr. Burak Güneş, betonte, dass der Putschversuch vom 15. Juli 2016 nicht lediglich als ein bewaffneter Aufstand zu bewerten sei, sondern vielmehr als ein vielschichtiger Angriff, der die institutionelle Struktur der Republik Türkiye, ihre demokratische Legitimität sowie ihre Stellung innerhalb der internationalen Rechtsordnung bedrohe.
In seinem Vortrag wies Güneş darauf hin, dass der Putschversuch potenziell einen Boden für internationale Interventionen schaffen könne. Er erklärte, dass im Falle eines Zusammenbruchs der öffentlichen Autorität auch die Legitimität einer möglichen ausländischen Intervention zum Gegenstand von Diskussionen werden könne. „Ich möchte drei Faktoren gemeinsam betrachten, die all dies verhindert haben: starke Führung, die Kraft des Volkes und das Handeln der Staatsbürokratie im Einklang mit der Staatsvernunft“, sagte Güneş und stellte fest, dass durch diese Elemente die betreffende Gefahr abgewendet worden sei.
