Sultan Mohammed III., er regierte von 1757 bis 1790, bemühte sich um die Intensivierung der Beziehungen zu den europäischen Mächten, wobei er insbesondere die Öffnung der europäischen Märkte für marokkanische Produkte zum Ziel hatte. In Zusammenhang mit dieser Politik entsandte er den Pascha von Tanger, Mohammed Ben Abdelmalik als seinen Emissär an den Hof nach Wien, wo er als Botschafter am 28.Februar 1783 von Kaiser Joseph II. zur Überreichung des Beglaubigungsschreibens in Audienz empfangen wurde; dieses Datum bezeichnet auch den Beginn der diplomatischen Beziehungen zwischen Österreich und Marokko.
Der Höhepunkt war der Abschluss eines Freundschaftsvertrages, welcher wechselseitige Handels- und Schifffahrtsfreiheit, Import- und Exportliberalisierung sowie Zollsenkung vorsah. 1805 wurde dieser Vertrag unter den nachfolgenden Herrschern Moulay Slimane und Kaiser Franz II. erneuert.
Die erste österreichische konsularische Präsenz geht bereits auf das Jahr 1788 in Tanger zurück. 1804 waren in den Hafenstädten Larache, Mogador (heute Essaouira), Salé und Tetouan die ersten österreichischen Honorar-Konsulate in Marokko eingerichtet worden; später folgten weitere Konsulate in Rabat (1842), Asilah, Safi und Mazagan (1849), sowie schließlich auch in Casablanca (1874), Marrakesch und Fes (1907). Die Chronik berichtet von einem dramatischen Zwischenfall, welcher sich 1905 in Mazagan (heute El Jadida) ereignete: der österreichische Vizekonsul, Daniel Madden, ein Brite, der auch für Dänemark als Honorar-Vizekonsul fungierte, wurde bei einem Raubüberfall in seinem eigenen Haus ermordet.
Österreich-Ungarn richtete 1885 in Tanger eine Berufsvertretungsbehörde ein, sodass am 15. Januar 1886 Paul Reglia von Ohmucevic als erster Geschäftsträger und Generalkonsul vom Sultan akkreditiert werden konnte.
Im Gefolge der Errichtung des französischen und spanischen Protektorats über Marokko endeten am 30. Dezember 1913 die diplomatischen Beziehungen nach Auflösung der k.u.k. Gesandtschaft in Tanger.
Gegen Ende des 19.Jahrhunderts beteiligte sich Österreich-Ungarn an der Großmachtpolitik gegenüber Marokko:1880 schlossen die europäischen Mächte sowie die USA mit dem Königreich Marokko in Madrid einen Vertrag, in welchem den ausländischen diplomatischen und konsularischen Niederlassungen in Marokko einseitig eine Reihe von Privilegien und Immunitäten zugestanden wurden. 1906 versammelten sich dieselben Vertragsparteienin Algeciras ein zweites Mal und mit dem Ergebnis, dass weitere einseitige Vorrechte im Bereich des Handels und der Immunität von der marokkanischen Rechtsordnung den europäischen Mächten zugestanden wurden.
Marokkanische Soldaten kämpften im Zweiten Weltkrieg in den Einheiten der französischen Armee und nahmen 1945 an der Befreiung Österreichs von Nazideutschland teil. Unter den französischen Besatzungstruppen in Vorarlberg und Tirol befanden sich zahlreiche Marokkaner. Im Zuge einer Europareise besuchte König Mohammed V. 1945 auch Bregenz und nahm dort eine Parade seiner Truppen ab.
Die erste österreichische Gesandtschaft in Rabat wurde 1960 eingerichtet, die zunächst von einem Geschäftsträger geleitet wurde. Ab Mitte der 1960iger entsandte Österreich residente Botschafter nach Rabat. Marokko eröffnete 1981 eine Botschaft in Wien; ein Jahr darauf wurde der erste in Wien residente marokkanische Botschafter akkreditiert. Die beiden Staaten schlossen zahlreiche bilaterale Verträge ab und arbeiten auch in internationalen Foren eng zusammen. Österreich ist als Mitgliedsstaat der Europäischen Union in das umfassende Beziehungs- und Vertragsgeflecht der EU mit Marokko eingebunden.
Aktuelle Situation
Marokko ist seit dem Jahre 1956 unabhängig und seit 12. November 1956 Mitglied der UNO.
Die Außenpolitik Marokkos hat sich seit dem Amtsantritt von König Mohammed VI im Jahr 1999 grundlegend gewandelt. Drei Ausrichtungen kennzeichnen diese neue Politik: Diversifizierung, Entschlossenheit und die Vorrangstellung der Sahara-Frage.
Im Rahmen der marokkanischen Verfassung nimmt der König im politischen und auch im wirtschaftlichen Gefüge des Landes eine singuläre und dominierende Stellung ein. Er ist der Garant des Bestands und der Fortdauer des Staats und letzte Schiedsstelle zwischen seinen Institutionen.Die Verfassung gibt dem König außerdem das Recht, Strafen zu erlassen oder abzumildern.
Anläßlich des 25. Jahrestag der Inthronisierung von Seiner Majestät König Mohammed VI, gab der Botschafter des Königreiches Marokko, S.E. Azzeddine Farhaneam 30.Juli 2024 einen Empfang für Gäste aus der Diplomatie, Politik, Kultur und Wirtschaft. Der Botschafter ging in seiner Rede einerseits auf die lange Geschichte der bilateralen Beziehungen zwischen beiden Ländern ein, andererseits stelle er eine Bilanz der Massnahmen, die der König in die Wege geleitet hatte und das aktuelle politische und wirtschaftliche Geschehen in Marokko mit konkreten Beispielen dar. So leitete der Herrscher wichtige politische und verfassungsrechtliche Reformen ein, die das Fundament des marokkanischen politischen Systems festigten.Zu den wichtigsten Errungenschaften seiner Führung gehört die Verabschiedung einer neuen Verfassung im Jahr 2011, die das Bekenntnis des Königreichs zu den Grundsätzen, Rechten und Pflichten, die in den jeweiligen Chartas und internationalen Konventionen verankert sind, verfassungsmäßig festschreibt. Festgelegt wurde auch die Gleichstellung von Männern und Frauen,die die Rechte der Frauen wesentlich verbessert und Marokko damit in eine neue Ära der Modernität führt, in der die zentrale Rolle der Frau in der Gesellschaft anerkannt wird.
Auf wirtschaftlicher Ebene hat das Königreich nach Jahren kontinuierlicher Bemühungen und Investitionen zur Modernisierung und zum Ausbau der Infrastruktur einen Wandel vollzogen. Es sollte damit die Absicht unterstützen, ein Handelsknotenpunkt zwischen Afrika und der Welt zu werden. Das Königreich ist heute ein attraktives Ziel für ausländische Investoren. Dank dieser anhaltenden wirtschaftlichen Dynamikhat Marokko sein BIP in den letzten 25 Jahren mehr als verdoppelt und hat sich als ideale Brücke zwischen Europa und Afrika etabliert.
Im Jahr 2030 wird Marokko gemeinsam mit Spanien und Portugal Gastgeber der FIFA Fußball-Weltmeisterschaft 2030 sein, dieses Grossereignis soll dem Land einen weiteren wirtschaftlichen Aufschwung bringen.
Eine weitere Initiative des Königs ist die im November 2023 ins Leben gerufene Atlantik-Initiative, die darauf abzielt, den Ländern der Sahelzone einen maritimen Zugang zu verschaffen.
Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer und Innenminister Gerhard Karner haben im Februar 2023 im Rahmen eines offiziellen Besuches in Marokko mit Premierminister Aziz Akhannouch und Außenminister Nasser Bourita über eine Stärkung der bilateralen Beziehungen gesprochen.
„Neben sicherheitspolitischen Fragen ist Marokko gerade auch für wirtschaftliche Kooperation ein wichtiger Partner mit viel Potenzial“, sagte Bundeskanzler Nehammer. „Darüber hinaus wird Marokko in der Frage der Energieversorgung der Zukunft in Bezug auf Wasserstoff künftig immer wichtiger werden.“
Marokko ist außerdem das erste Land, das mit der EU eine Absichtserklärung über eine „Grüne Partnerschaft“ unterzeichnet hat. Esgeht dabei um Klima- und Energiefragen, Umwelt inklusive mariner und maritimer Fragen und die grüne Wirtschaft.
Zum Abschluss des Treffens wurde vom marokkanischen Regierungschef Aziz Akhannouch und Bundeskanzler Karl Nehammer eine gemeinsame Erklärung verabschiedet aus der hervorgeht, dass Österreich den von Marokko 2007 vorgelegten Autonomieplan für Westsahara als ernsthafte Grundlage für eine Lösung des Konflikts um die Westsahara/marokkanische Sahara betrachtet.
Derzeit wird ein Besuch des ersten Präsidenten des Kassationsgerichtshofs und des stellvertretenden Präsidenten des Obersten Rates der rechtsprechenden Gewalt des Königreichs Marokko in Österreich vorbereitet, der noch vor Ende 2024 stattfinden soll. Damit soll die Zusammenarbeit auf justizieller Ebene weiter gestärkt und sichergestellt werden, damit das Memorandum of Understanding über justizielle und rechtliche Angelegenheiten zwischen beiden Ländern sinnvoll umgesetzt werden kann.
Die Beziehungen zwischen Marokko und Österreich basieren auf der Überzeugung, aber auch dem Engagement beider Länder für Frieden, Stabilität und Entwicklung in der Welt, um die größten Herausforderungen unserer Zeit zu bewältigen.