UNCAV-Vienna: Österreichische NGO-VertreterInnen fordern im Rahmen einer Pressekonferenz klare Ziele für Agenda 2030
UNCAV-Vienna: Österreichische NGO-VertreterInnen fordern im Rahmen einer Pressekonferenz klare Ziele für Agenda 2030 und NFI-Richtlinie und
kritisieren fehlende Ambition der österreichischen Bundesregierung in Bezug auf die UN-Nachhaltigkeitsziele und
die Messung ethischer Leistungen von Unternehmen
Prozess zur Umsetzung der Agenda 2030 nach dem Ministerratsbeschluss vom 12. Jänner 2016 weiter unklar
Globale Nachhaltigkeit: Österreich nicht auf Zielkurs
Agenda 2030: Nachhaltiger Stillstand bei der Umsetzung der UN-Nachhaltigkeitsziele
EU-Richtlinie: Riesenchance für nachhaltiges Wirtschaften bleibt ungenutzt
Im Herbst 2015 hatten sich Vertreter von 193 UN-Staaten auf eine Agenda für nachhaltige Entwicklung mit 17 Zielen geeinigt. Herzstück der Agenda sind nationale Umsetzungspläne und eine systematische Überprüfung mit breiten Beteiligungsmöglichkeiten. Die nationalen Anstrengungen bilden die Basis für zwei weitere Überprüfungen im Rahmen der UN. Soeben gratulierte der scheidende UN-Generalsekretär Ban Ki-moon bei seinem Wienbesuch der Bundesregierung für ihr Engagement bei der Agenda 2030. NGO-VertreterInnen kritisieren dagegen, dass sie in der Realität seit mehr als einem Jahr eine Bestandsaufnahme durchführe, an der Zivilgesellschaft und Wissenschaft nicht beteiligt würden.
Länder wie Deutschland und Schweiz präsentierten bereits dieses Jahr ihre SDG Strategien auf Basis einer Überarbeitung ihrer Nachhaltigkeitsstrategien. Die österreichische Nachhaltigkeitsstrategie stammt allerdings aus dem Jahr 2002 und eine Neuformulierung scheiterte im Jahr 2012. „Österreich steuert praktisch ohne Kompass auf rauer See, was seine Nachhaltigkeitspolitik betrifft, mit ungewissen Auswirkungen für die nächste Generation“, kritisiert Daniel Bacher von der Dreikönigsaktion Hilfswerk der Katholischen Jungschar.
Die SDGs sind eine Chance die österreichische Nachhaltigkeitspolitik wiederzubeleben. Dafür braucht es allerdings eine Strategie mit konkreten Maßnahmen, Zeitrahmen, Ressourcen, Partizipation und Überprüfung. „Ein Mainstreaming der SDGs in Politikbereiche ohne erkennbare neue Maßnahmen ist völlig unzureichend“, so Bacher.
15.12.: Nationalrat entscheidet über Ethische Berichterstattungspflicht für Unternehmen
UN-Nachhaltigkeitsziel 12.6. sieht vor, dass Unternehmen über ihre Nachhaltigkeitsstrategie und -maßnahmen zu berichten haben. Am 15. Dezember entscheidet der österreichische Nationalrat über die Umsetzung der EU-Richtlinie über nicht-finanzielle Berichterstattung im so genannten „Nachhaltigkeits- und Diversivitätsverbesserungsgesetz (NaDiVeG). Ab dem 1.1.2017 müssen große Unternehmen mit mehr als 500 MitarbeiterInnen nichtfinanzielle Informationen zu Umwelt-, Sozial-, Diversitäts- und Menschenrechtsfragen offenlegen.
Leider deutet alles darauf hin, dass der Gesetzgeber diese große Chance ungenutzt verstreichen lässt, neben der Messung des unternehmerischen Mittelerfolgs (via Finanzbilanz) endlich auch die Messung des unternehmerischen Zielerfolgs (Beitrag zum Gemeinwohl) gleich rechtsverbindlich zu regulieren. Dies wäre zu erreichen mit einer inhaltlich vorgegebenen „Gemeinwohl-Bilanz“, die extern geprüft und an Rechtsfolgen geknüpft wird und für alle finanzbilanzpflichtigen Unternehmen gilt. „Es ist höchst an der Zeit, sozial und ökologisch verantwortungsvollen Unternehmen den Wettbewerbsnachteil, den sie aus ihren höheren ethischen Leistungen erleiden, durch intelligente Anreize zu kompensieren“, so Christian Felber von der internationalen Gemeinwohl-Ökonomie-Bewegung.
Olivia Rauscher vom NPO-Institut an der WU Wien beschäftigt sich seit Jahren mit der Messung und Bewertung von gesellschaftlichen Wirkungen, die Nonprofit-Organisationen und Unternehmen erzeugen. Rauscher meint dazu: „Es ist unbedingt notwendig, dass Unternehmen neben ihrem finanziellen Erfolg auch ihre sozialen und ökologischen Wirkungen auf die Gesellschaft verpflichtend darstellen. Dazu müssen die relevanten Themenbereiche und geeignete Methoden bzw. Indikatoren zur Wirkungsmessung im Nachhaltigkeits- und Diversivitätsverbesserungsgesetz verankert werden. Es wäre ein weiterer wichtiger Schritt, um von einer Leistungs- in eine Wirkungsgesellschaft zu gelangen.“
Nachhaltigkeit wieder ernst nehmen!
„Österreich war vor 10 Jahren Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit,“ sagt Fritz Hinterberger, Chef des Sustainable Europe Research Institute und Mitglied im Vorstand des Austrian Chapter des Club of Rome, „als unter österreichischer Ratspräsidentschaft die EU-Nachhaltigkeitsstrategie überarbeitet wurde. Das stünde uns auch heute wieder gut an. Die Vorgabe klarer Ziele würde nicht nur Umwelt und Gesellschaft zugute kommen, sondern auch der heimischen Wirtschaft. Das zeigen alle einschlägigen Studien der letzten Jahre“, so Hinterberger, „Wettbewerbsfähigkeit, Wachstum, Lebensqualität und Arbeitsplätze sind eigentlich nur mehr in diesem Bereich zu erwarten.“ Die Wirtschaft braucht dafür entsprechende Vorgaben von der Politik. NFI-Richtlinie und Agenda 2030 bieten internationale verbindliche Grundlagen, die es in Österreich nicht nur halbherzig, sondern mutig umzusetzen gilt. (Wien, 12. Dezember 2016)